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Sonett 18

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen,
Der du viel lieblicher und sanfter bist?
Durch Maienblüten rauhe Winde streichen,
Und Sommers Pracht hat allzu kurze Frist.
 
Oft fühlst zu heiß des Himmels Aug' du brennen,
Oft hüllt zu dunkler Schleier sein Azur,
Und stets muß Schönes sich vom Schönen trennen
Durch Zufall oder Wandel der Natur.
 
Doch deines Sommers Glanz wird nie ermatten,
Nie von dir fallen deine Herrlichkeit,
Nie wirst du wandeln in des Todes Schatten,
In ewigen Reimen strahlst du durch die Zeit.
 
So lange Menschen atmen, Augen sehn,
Wird dies mein Lied, wirst du in ihm bestehn.
 
Versuri originale

Sonnet 18 Shall I compare thee to a Summer's day?

Fă click aici pentru a vedea versurile originale (English (Early Modern English))

Comentarii
MilliMilli    Marţi, 17/03/2020 - 17:19

Nicht schlecht eigentlich, die Übersetzung. Allerdings fällt auf:

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen, (Robinson/Langenbach, 1927)
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen? (Bodenstedt, 1866)

Der du viel lieblicher und sanfter bist? (Robinson/Langenbach, 1927)
Der Du viel lieblicher und milder bist? (F. Krauss, 1882)

Durch Maienblüten rauhe Winde streichen, (Robinson/Langenbach, 1927)
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen (Bodenstedt, 1866)

Und Sommers Pracht hat allzu kurze Frist. (Robinson/Langenbach, 1927)
Und allzu kurz ist schönsten Sommers Frist. (F. Krauss, 1882)

Ich räume ein, die Zahl der Möglichkeiten ist begrenzt, aber das ist m. E.doch etwas auffällig, und vor Dichtern und Dichterinnen/Übersetzern und Übersetzerinnen, die Winde streichen lassen, sollte man sich vielleicht ohnehin in Acht nehmen.

Vera JahnkeVera Jahnke    Marţi, 17/03/2020 - 18:19

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen > sogar schon bei Johann Gottlob Regis (1836), also hat Bodenstedt dies auch als Vorlage nutzen können. Andererseits – wie sollte man das Original sonst übersetzen? (" Shall I compare thee to a summer's day?")
Ich habe eher den Eindruck, die Folgeübersetzungen habe diese Zeile absichtlich abgewandelt, um eben nicht den Eindruck einer Übernahme zu erwecken.

Der du viel lieblicher und sanfter bist? > Bei Krauss (1882): "milder" statt "sanfter"

Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen > Das stimmt allerdings auffallend überein und steht so auch nicht im Original. ("Rough winds do shake the darling buds of May")

In ewigen Reimen strahlst du durch die Zeit. > Diese Zeile hat mich wirklich beeindruckt!

So lange Menschen atmen, Augen sehn > Friedrich Bodenstedt (1866), allerdings auch hier eine genaue Übersetzung des Originals ("So long as men can breathe or eyes can see")

Wird dies mein Lied, wirst du in ihm bestehn. > Fand ich auch sehr schön als Schlusszeile.

Aber eigentlich hat jede Übersetzung ihre besonderen Reize, und ich finde es schön, sie vergleichen zu können. Noch besser ist es natürlich, selbst eine Version zu schreiben. Ich habe bereits einige Lermontov-Übersetzungen von Bodenstedt nachgedichtet (siehe z. B. "Der Novize") und werde hoffentlich auch irgendwann dieses Sonett bearbeiten, obwohl es wohl kaum zu verbessern ist. Jedenfalls hat mir Wolfgangs eigene Übersetzung gerade deshalb so gut gefallen und ich halte meine Bewertung auch für absolut gerechtfertigt, eben weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwierig eine solche Nachdichtung ist.

Liebe Grüße und danke auch für Deine Shakespeare-Version.

PawlowskyPawlowsky    Miercuri, 18/03/2020 - 12:54

Wohl dem, der reinen Herzens ist. Ich bins jedenfalls nicht. "In ewigen Reimen strahlst du durch die Zeit" kann zumindest in Süddeutschland anders verstanden werden, wie das Folgende zeigt:
Der schwäbische Wortschatz zeichnet sich durch Bilderreichtum und große Vielseitigkeit aus. Davon zeugt folgender Monolog eines Zugschaffners:
„He, Sia! Was urinieret Se denn do an de Wage na? Des isch doch koi Platz zum Harne. Wenn Se pinkele wöllet, müaßet Se do na strahle , wo au de andere Leut ihr Wasser abschlaget. Do könnet Se noh zinsele ond pinsele, so viel Se wöllet; aber do de Wage verbrunze, Sia Schiffbeutel, Sia versoichter, des geit‘s fei nette!“ (aus: Ganz Deutschland lacht, Kurt Desch:München 1973, S. 374)
Und wir wollen doch nicht hoffen, dass der Adressat bei Shakespeare mit Robinsons Hilfe so durch die Zeiten strahlt. Ich gebe zu, das ist vielleicht etwas weiter hergeholt, aber die gute Robinson hätte immerhin wissen müssen, dass in ganz Deutschland "strahlen" auch die Bedeutung hat von "etwas dumm, aber glücklich aus der Wäsche gucken".
 

Vera JahnkeVera Jahnke    Miercuri, 18/03/2020 - 13:11

Upps, was bin ich doch für ein Dummerle! Deshalb benutzten also die Menschen früher bei "strahlendem" Sonnenschein einen Sonnenschirm und nicht etwa eine LSF-20-Creme. Danke für die "Erleuchtung". 🌞

Wolfgang RiedmannWolfgang Riedmann    Joi, 19/03/2020 - 14:20

Ein Glück, dass Milli dies nicht wusste. Ware ja ein weiterer Anlass zum Nörgeln gewesen. Ernsthaft: Ich meine, dass man der Frau Robinson die Unkenntnis schwäbischer Spezialbegriffe nicht vorwerfen kann. Solche regionalen Bezeichnungen gibt's im deutschen Sprachraum in unübersichtlicher Hülle und Fülle und stehen meist auch nicht im Duden. Wenn's ums Wasserabschlagen geht, spricht man in Unterfranken übrigens von "Rappeln"! Deshalb grinsen die Unterfranken auch, wenn sie durch Frankreich fahren, weil dort alle paar hundert Meter ein Verkehrsschild mit der Aufschrift "Rappel" steht. Und dürften auch grinsen, wenn in Gedichten "gerappelt" wird.

Vera JahnkeVera Jahnke    Joi, 19/03/2020 - 18:11

Oh je, Wolfgang, da hast Du jetzt wohl die Büchse der Pandora geöffnet... 😉
Das Wort ver"schiffen" sollte man vielleicht auch nicht mehr verwenden, bitte schaue also unbedingt Deine John-Maynard-Reihe durch! Ebenfalls sollten regelwidrige und periodisch immer wieder auftretende Ausdrücke wie "Regel" oder "Periode" vermieden werden, und ich werde mich wohl aufrappeln müssen, das Robinson-Sonett als "explizit" zu taggen, damit sich die erhitzten Gemüter hier wieder berappeln können...

PawlowskyPawlowsky    Joi, 19/03/2020 - 16:17

Mein lieber W. Riedmann, es ist etwas unfair, wenn Du einen Beitrag von mir gegen jemanden verwendest, der sich nicht wehren kann, weil Du ihn nicht selbst, sondern "hintenrum" ansprichst. Ich hatte mir die Sachen von Milli auch angesehen und finde, dass sie vor allem auch in Bezug auf Deine Übertragung von Sonett 18 nicht Unrecht hat. Sie hat sachlich auf einen Mangel Deiner Übertragung hingewiesen und ich gebe ihr darin vollkommen Recht, auch darin, dass Übersetzungen/Übertragungen hier nicht für den Ballermann gedacht sind. Und wenn Du aus meinem Kommentar zu V. Jahnke nur das nimmst, was Dir passt, dann solltest Du vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass "Du strahlst" auch eine andere Bedeutung als die schwäbische hat und ich ebenfalls darauf hingewiesen habe. Versuch also bitte nicht, mit mir irgendeine Gemeinsamkeit gegen Dritte herstellen zu wollen.

Vera JahnkeVera Jahnke    Luni, 23/03/2020 - 19:12

Eine kleine Anmerkung zur zweiten Zeile und dem Anredeproblem, auf das mich Wolfgang Riedmann aufmerksam gemacht hat.
Ich selbst habe es, begeistert von der Schönheit des Gedichtes, übersehen, vielleicht auch, weil es in der Liebe nicht auf die Geschlechtschromosomen ankommen sollte.

Hier meine Übersicht zur zweiten Zeile:

Dorothea Tieck (1826) - Du bist viel süßer, bist Dir immer gleich:
Johann Gottlob Regis (1836) - Anmutiger, gemäßigter bist du.
Emil Wagner (1840) - Nein, nicht so lieblich ist er und so mild;
Friedrich Bodenstedt (1866) - Nein, Du bist lieblicher und frischer weit -
Adolph Gelbcke (1867) - O, der ist nicht so lieb und mild wie Du.
Alexander Neidhardt (1870) - Da du doch holder und beständ'ger bist?
Benno Tschischwitz (1870) - Maßvoller bist und holder du von Sinn.
Otto Gildemeister (1871) - Er ist so lieblich nicht und so gelind;
Fritz Krauss (1882) - Der Du viel lieblicher und milder bist?
Stefan George (1909) - Dich der du lieblicher und milder bist?
Terese Robinson (1927) - Der du viel lieblicher und sanfter bist?
Karl Kraus (1933) - dich, der an Herrlichkeit ihn überglänzt?
Gustav Wolff (1939) - Beständiger und lieblicher bist du.
B. S. Orthau - Des Mild‘ und Anmut größer doch und stet:
Wolfgang Riedmann - Ich weiß, dass du viel lieblicher und milder bist:

Zum ersten Mal wird "er" also bei Wagner (1840), Gelbcke (1867) und Gildemeister (1871) verwendet, bezieht sich aber auf den Sommertag.

Krauss hat dann 1882 zum ersten Mal eine männliche Person angesprochen, was sich bei George (1909), Robinson (1927) und Kraus (1939) fortsetzte.

Persönlich fände ich es schön, wenn es der Interpretation des Übersetzers überlassen bliebe, sofern keine anderen Gründe dagegensprechen.